Die Vikarin

"Die Vikarin" ist ein eindrücklicher biografischer Roman, der die Geschichte einer ganz normalen und gleichzeitig herausragenden Frau schildert. Margarete Hofer wird beim Lesen dieses Buches lebendig und es entsteht der Wunsch, sie kennenzulernen.

Sie ist eine Frau, die tat, "was ihr vor die Hände kam". Viele der Geschehnisse beruhen auf wahren Begebenheiten und es kommen viele historische Persönlichkeiten im Buch vor. Geschickt hat Brigitte Liebelt zusätzlich durch Ellys Geschichte Fiktion mit der Wahrheit verwoben. Zu Beginn liegt der Fokus eher auf Elly, dadurch fühlt man sich ihr verbunden und nimmt Margarete gegenüber eine beobachtende Haltung ein. Genau das fand ich phänomenal, denn ich habe mich eher in Elly als in Margarete wieder gefunden und konnte sie doch durch Elly begleiten.

Die Einblicke in die Haltung, Wandlung und Einstellung der Kirchen und Gemeinden zur Zeit des Dritten Reichs waren interessant und aufschlussreich, denn die Kirche hat sich dem Sog des Nationalismus nicht entziehen können. Die Sorglosigkeit mancher und der klare Blick auf die Geschehnisse anderer waren spannend und gut beschrieben, dabei zeigt dieses Buch auch, wie weit diese Ideologie die Menschen verändert und wie tief sie in das Privatleben eindrang, man erlebt mit wie ein Riss durch Gemeinschaften geht und wie sich ein Netzwerk aus Widerständern bildet, die alles dafür tun Menschen zu retten. Einige Schicksale der Untergetauchten werden dabei beschrieben und es geht tief ins Herz, da die ganze Stimmung der damaligen Zeit beängstigend war und das sehr gut rüberkommt. Die Dialoge sind tiefgründig und zeigen die Nöte und Hoffnung in dieser schweren Zeit.

Mich hat dieses Buch völlig gepackt und ich bin froh es gelesen zu haben; durch das Cover - das im Übrigen Margarete selbst zeigt und nur wenig von der Spannung vermittelt, die es in diesem Buch gibt - brauchte es allerdings einen zweiten Blick, doch es hat sich gelohnt.

Dieses Buch erzählt die Geschichte einer Frau, die ihr Leben riskierte, um anderen zu helfen, lässt einen in die schwierigen Zeiten Deutschlands eintauchen, um dann am Leben von Margarete Hofer zu zeigen: Jeder kann etwas bewirken und im eigenen Umfeld Großes schaffen, wenn er Gott mehr gehorcht als den Menschen und Nächstenliebe walten lässt.

"Die Vikarin" ist ein Buch, das ich noch nach dem Lesen im Herzen getragen habe und das mich beschämt und ermutigt zugleich.

Meine Bewertung
sehr gut
Informationen zum Buch
Die Vikarin
Brigitte Liebelt
Hardcover
352
2024
Gerth Medien
Die junge Elly aus Schwenningen reist 1938 nach Wien, um ihre kranke Tante zu unterstützen. Dort kommt sie in Kontakt mit der Theologin Margarete Hoffer, die ihr einen ganz neuen Zugang zum christlichen Glauben eröffnet. Als die nationalsozialistische Tyrannei immer mehr um sich greift, unterstützt Elly Margarete dabei, Juden zur Flucht zu verhelfen. Zurück in Schwenningen wird sie in den Kirchenkampf verwickelt und verliebt sich in den Uhrmacher Jochen. Drei Jahre später kommt es zu einem unerwarteten Wiedersehen mit Margarete Hoffer, die als „Vikarin auf Kriegsdauer“ nach Schwenningen versetzt wird. Gemeinsam versuchen sie, Juden über die Schweizer Grenze zu schmuggeln und gewähren den Verfolgten Unterschlupf im Pfarrhaus als Teil der sogenannten „Württembergischen Pfarrhauskette“. Brigitte Liebelt erzählt in diesem biografischen Roman von Margarete Hoffers mutigem Glauben und Wirken und vermittelt ein lebendiges Bild jener herausfordernden Zeit.